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Die Seeschlange (engl. Sea serpent, nor. Sjøorm) ist ein Seemonster, das schon sehr häufig gesichtet wurde.

In der norwegischen Heraldik werden Seeschlangen als Lindorm (dt. Lindwurm) bezeichnet.

Sichtungen und Geschichte[]

Mythologie und Folklore[]

Seemonster wie der Leviathan oder die Kētē kommen in indogermanischen Mythen häufig vor und haben oft schlangenartige Merkmale. Eine der ältesten Abbildungen einer Seeschlange stammt aus dem Palast des Šarru-kīn II. in der assyrischen Stadt Dur Šarrukin und entstand im 8. Jahrhundert v. Chr. Aristoteles schrieb im 4. Jahrhundert v. Chr. über Seeschlangen, welche Schiffe angriffen und zum Kentern brachten[1].

Die Midgardschlange (Jormungandr) aus der nordischen Mythologie ist eine riesige Seeschlange, die die Welt umschlingt.

Olaus Magnus[]

1555 erschien die "Historia de Gentibus Septentrionalibus" des schwedischen Mönchs Olaus Magnus, eine Beschreibung Skandinaviens, welche auch eine Beschreibung der Seeschlangen enthält, die vor den Küsten von Norwegen leben sollen. Diese sollen 200 Fuß (ca. 60m) lang und 20 Fuß (ca. 6m) dick sein. Sie haben eine haarige Mähne am Hals, scharfe, schwarze Schuppen und feurig leuchtende Augen[2].

Seeschlangen leben in Höhlen an der Küste von Bergen und verlassen diese in Sommernächten, um Kälber, Lämmer und Schweine zu verschlingen, oder schwimmen im Meer, wo sie sich von Kopffüßern und Krebsen ernähren. Sie können aber auch Menschen von Schiffen reissen, um sie zu fressen. Wenn dies geschieht, soll es ein Zeichen sein, dass eine Veränderung im Königreich ansteht, wie ein Krieg oder der Tod oder die Vertreibung eines Prinzen[2].

Edward Topsell[]

Der englische Kleriker Edward Topsell beschreibt die Seeschlange, die er wie Aristoteles Ophis thalattios nennt, mit dem drei Cubits (ca. 1,3m) langen Körper einer Schlange, aber einem Kopf ähnlich dem eines Aals mit etwas längerer Schnauze. Der Bauch soll rot und weiß sein. Er bildet dazu eine Illustration von Ulysse Aldrovandi ab[3].

Jedoch beschreibt er auch einige Variationen, z.B. eine Art mit dem Kopf eines Drachen, welche in Bharuch in Indien leben soll, und einen Seedrachen ohne Schuppen, welcher, wenn er groß genug ist, in den Himmel aufsteigt. Die Zunge des Seedrachen soll an einen Pferdeschwanz erinnern[3].

Gloucester sea serpent[]

Scoliophis Atlanticus

Scoliophis Atlanticus, die Gloucester sea serpent, 1817

Während Seeschlangen in der Folklore bereits seit langer Zeit bekannt sind, nahmen Berichte über Sichtungen ab dem frühen 19. Jahrhundert stark zu. Dies ist vermutlich zurückzuführen auf zunehmende Seefahrt und das Aufkommen der Wissenschaft, welche versuchte, derartige Sichtungen zu klassifzieren. Losgetreten wurde der Trend durch mehrere Sichtungen der so genannten Gloucester sea serpent[1][4] in Gloucester im US-Bundesstaat Massachusetts von 1817 bis 1819. Auf diese folgte ein Jahrhundert, in dem kein Jahr ohne mindestens einen Zeitungsartikel über eine Sichtung in einer britischen oder amerikanischen Zeitung verging. Erst mit dem Beginn des ersten Weltkrieges ebbten die Sichtungen ab[5].

Cadborosaurus willsi[]

Cadborosaurus willsi, auch Caddy genannt, ist eine der bekanntesten Seeschlangen. Caddy wurde mehrmals im Cadboro Bay in Brithish Columbia gesichtet und soll einen hunde- oder pferdeartigen Kopf und lange Seitenflossen besessen haben.

Die Manhousat sollen das Tier schon seit langem unter dem Namen Hiyitl'iik gekannt haben, während Sichtungen durch europäische Kolonialisten bis in die 1880er-Jahre zurückgehen. Bekanntheit erlangte die Kreatur jedoch im Jahr 1933, als auch das Ungeheuer von Loch Ness große Aufmerksamkeit in den Medien erhielt[6].

Der wissenschaftliche Name wurde von dem Professor für Ozeanographie Paul H. Le-Blond und dem Zoologen Eduard L. Bousfield vergeben, jedoch war die Bezeichnung Cadborosaurus schon zuvor von dem Journalisten Archie Wills eingeführt worden.

1937 wurde im Magen eines erlegten Pottwales ein Tier gefunden, das im Jahr 1990 mit Caddy assoziiert wurde. Auf diesem Tier basiert auch die wissenschaftliche Beschreibung von Le-Blond und Bousfield. Später stellte es sich als halb verdauter Riesenhai heraus[6].

Tatsächlich gehen die diversen Sichtungen und die assoziierten indigenen Legenden und Abbildungen in den Beschreibungen der Kreatur weit auseinander, weshalb davon auszugehen ist, dass sehr unterschiedliche Ereignisse und Sichtungen zusammengewürfelt wurden, um den Eindruck eines Seemonsters zu erwecken[6].

Bernard Heuvelmans Seeschlangen[]

Der Kryptozoologe Bernard Heuvelmans wertete viele Sichtungen von Seemonstern aus und stellte basierend darauf einige hypothetische Arten von Seeschlangen und ähnlichen Tieren auf. Dabei merkt Heuvelmann an, dass der Mythos der Seeschlange auf verschiedenen Sichtungen dieser unterschiedlichen Tiere basiert. Dazu gehören:

  • Megalotaria longicollis: 18 m lange, langhalsige Seelöwen
  • Halshippus olai-magni: Meerpferd, vermutlich eine Robbenart
  • Plurigibbosus novae-angliae: Urwal mit vielen Höckern
  • Hyperhydra egedei: Riesenotter, 20 - 30 m lang (ein Beispiel dafür könnte einer der Drachen aus dem St Leonard's Forest sein.
  • Cetioscolopendra aeliani: Vielflosser, laut Heuvelmans ein Urwal, späteren Quellen gehen auch von großen Arthropoden aus
  • Super-Aal: Riesige Aale, evtl. Leptocephalus giganteus
  • Meer-Saurier: Große Meeresreptilien, möglicherweise überlebende, mesozoische Tiere wie Mosasaurier oder Pliosaurier oder auch riesige Krokodile
  • Gelbbauch: 30 - 60 m lange, Kaulquappenförmige Tiere mit gelbem Bauch

Weitere Berichte[]

  • Der norwegische Missionar Hans Egede beschrieb 1741 in seiner Grønlands nye Perlustration eller Naturel Historie eine von seinem Sohn Poul 1734 gesichtete Seeschlange[7][8].
  • 1875 wurde vor Kap St. Rochus in Brasilien eine Seeschlange von einem Schiff aus gesichtet[9].
  • 1905 wurde von der Yacht "Valhalla" aus eine Seeschlange mit einem langem Hals, einem schildkrötenartigem Kopf und einer Rückenflosse gesichtet[10].
  • Das Ungeheuer von Loch Ness und vergleichbare Seemonster aus Seen der ganzen Welt könnten Seeschlangen sein
  • Anthonie Cornelis Oudemans beschrieb mit Megophias megophias eine hypothetische, schlangenartige Robbenart[11].

Im Allgemeinen schien die Häufigkeit der Sichtungen zu Ende des 19. Jahrhunderts abgenommen zu haben, was mit dem Auftreten von Dampfschiffen erklärt wird. Einerseits ist die Besatzung eines Dampfschiffes in einer weitaus sichereren Position als an Deck eines Segelschiffes, wodurcch die Fantasie weniger angeregt wird, andererseits würden Seeschlangen, sofern es sich um reale Tiere handelt, von den lauten Motoren der Dampfschiffe sicherlich abgeschreckt und hielten sich von da an von Schiffen fern.

Zuordnung[]

Es ist nicht bekannt, ob Seeschlangen wirklich Drachen sind oder von den Urwalen oder anderen Meeresbewohnern abstammen. Vielleicht sind sie auch mit dem Meerpferd oder dem Hippocampus verwandt. Ulisse Aldrovandi stellte die Seeschlange mit einer Art Blasloch dar, was auf eine Art Wal hinweisen würde. Falls dies stimmen sollte, könnte man den schlangenähnlichen Basilosaurus als ihren Vorfahren ansehen. Jedoch wurden solche Darstellungen meist nach Beschreibungen angefertigt und künstlerisch ausgeschmückt, weshalb sie nicht zu ernst genommen werden sollten.

Sicher ist jedoch, dass die 1845 von Dr. Alfred Koch beschriebene Seeschlange Hydrarchos nur eine Fälschung ist, die aus den Skeletten mehrerer Basilosaurier zusammengesetzt war.

Manche glauben, dass die Seeschlange ein Fisch ist und der Art des Riemenfisches (Regalecus glesne) angehört. Dies ist unwahrscheinlich, da ein Riemenfisch bis auf den langen Körper und die roten Flossen (die als Mähne interpretiert werden könnten) keine Gemeinsamkeiten mit der allgemein gebräuchlichen Beschreibung von Seeschlangen hat.

Häufig werden Seeschlangen mit ausgestorbenen marinen Reptilien wie Plesiosauriern oder Mosasauriern verglichen. Lyon Sprague de Camp vermutete, dass diese Beschreibungen jedoch erst nach den Entdeckungen von Fossilien solcher Tiere aufkamen und daher vermutlich eher davon inspiriert sind als tatsächlich lebende Tiere zu beschreiben. Zuvor wurden Sichtungen meist eher schlangenartig beschrieben[12]. Eine statistische Überprüfung dieser These aus dem Jahr 2019 kam zu dem Schluss, dass de Camps Aussage bezüglich schlangen- und plesiosaurierartiger Formen zutrifft, während Beschreibungen von Mosasauriern selten blieben. Jedoch kamen derartige Beschreibungen durch Augenzeugen erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf, während Naturwissenschaftler bereits ein halbes Jahrhundert zuvor begannen, Seeschlangen mit mesozoischen Meeresreptilien zu vergleichen[13].

Höchstwahrscheinlich basieren verschiedene Seeschlangen-Sichtungen auf ganz unterschiedlichen Tieren und Gegenständen. Es ist anzunehmen, dass in den seltensten Fällen wirklich unentdeckte Tierarten verantwortlich sind. Charles Paxton vermutet sogar, dass es zumindest bei einer Sichtung, dokumentiert durch den grönländischen Bischof Hans Egede, um einen Wal gehandelt haben könnte, dessen Penis für einen schlangenartigen Schwanz gehalten wurde[8]

Dracologie[]

Dragonology[]

Dr. Ernest Drake beschreibt das Meeresungeheuer (Serpens monstruos) als Pseudo-Drachen, der oft als "Drache der Meere" bezeichnet wurde, obwohl es nicht mit Drachen verwandt ist. Als Seeschlange (Serpens aquadulcis) bezeichnet Drake in Binnenseen lebende Kryptiden mit Plesiosaurier-artigem Körper. Letzterer Art rechnet er auch das Ungeheuer von Loch Ness zu.

Dragons of the World[]

Hauptartikel: Natrixosauridae

Natrixosauridae sea serpents of the world by hyrotrioskjan

Die lebenden Arten der Natrixosauridae

Joschua Knüppe beschreibt die Seeschlangen als Klade der Varanoidea, welche nahe mit den ausgestorbenen Mosasauriern verwandt sind. Es handelt sich um schlanke, schwimmende Echsen, welche sehr gut an ein Leben im Wasser angepasst sind und in den meisten Fällen nicht mehr an Land gehen können, weshalb die Weibchen lebende Junge gebären.

Abgrenzung zu realen Seeschlangen[]

Eine reale Klade von Schlangen, die Hydrophiinae, werden ebenfalls als Seeschlangen bezeichnet. Diese unterscheiden sich von den mythologischen/kryptozoologischen Seeschlangen vor allem in ihrer Größe, da sie höchstens 3 m lang werden. Vermutlich sind sie, wenn überhaupt, nur in den seltensten Fällen verantwortlich für die Sichtungen von Seeungeheuern.

Ähnliche Kreaturen[]

  • Der isländische Hrosshvalur oder Pferdewal erinnert mit seinem pferdeartigem Kopf und der roten Mähne stark an Heuvelmans Meerpferd. Er soll in der Lage sein, Schiffe zu versenken[14].
  • In der Heraldik ist die Seeschlange eine seltene gemeine Figur, die meist als Schlange mit Kiemen und Schwanzflosse dargestellt wird. Sehr ähnlich sieht auch der Nesselwurm aus[15].

Galerie[]

Siehe auch[]

Einzelnachweise[]

  1. 1,0 1,1 The Sea-Serpent in John Ashton (1890), Curious Creatures in Zoology, John C. Nimmo
  2. 2,0 2,1 Olaus Magnus (1555), Historia de Gentibus Septentrionalibus
  3. 3,0 3,1 Edward Topsell (1658), History of four-footed beasts and serpents, G. Sawbridge, https://doi.org/10.5962/bhl.title.79388
  4. Linnaean Society of New England (1817), Report of a committee of the Linnæan society of New England, relative to a large marine animal, supposed to be a serpent, seen near Cape Ann, Massachusetts, in August 1817, Cummings and Hilliard, https://doi.org/10.5962/bhl.title.152632
  5. Katja Jylkka (2018), "Witness the Plesiosaurus": Geological Traces and the Loch Ness Monster Narrative, Johns Hopkins University Press, https://doi.org/10.1353/con.2018.0012
  6. 6,0 6,1 6,2 Darren Naish (2020), The Case of the Cadborosaurus Carcass: a Review
  7. Hans Egede (1741), Grønlands nye Perlustration eller Naturel Historie, Groth
  8. 8,0 8,1 Charles G. M. Paxton, E. Knatterud & Sharon L. Hedley (2005), Cetaceans, sex and sea serpents: an analysis of the Egede accounts of a “most dreadful monster” seen off the coast of Greenland in 1734, Archives of Natural History, 32(1), http://dx.doi.org/10.3366/anh.2005.32.1.1
  9. Charles G. M. Paxton (2021), Driven Mad by the Sea Serpent: The strange case of Captain George Drevar, Folklore 107, Issue 3, https://doi.org/10.1080/00253359.2021.1940521
  10. E. G. B. Meade-Waldo, Michael J. Nicoll (1906), Description of an unknown Animal seen at Sea off the Coast of Brazil, Proceedings of the General Meetings for Scientific Business of the Zoological Society of London, Longmans, Green & Co.
  11. Anthonie Cornelis Oudemans (1892), The Great Sea Serpent
  12. Lyon Sprague de Camp (1968), Dinosaurs in today's world, The Magazine of Fantasy and Science Fiction, Vol. 34, Issue 3, S. 68-80
  13. Charles Paxton, Darren Naish (2019), Did nineteenth century marine vertebrate fossil discoveries influence sea serpent reports?, Earth Sciences History, Volume 38, Issue 1, S. 16-27, http://dx.doi.org/10.17704/1944-6178-38.1.16
  14. Hrosshvalur, A Book of Creatures (2015)
  15. Heraldik-Wiki: Seeschlange (Wappentier)
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