Der Drache von Bologna ist ein u.a. von Ulisse Aldrovandi beschriebener Drache, der einer Schlange mit Beinen und Körper gleicht. Aldrovandi beschrieb ihn in seiner Serpentum, et draconum historiae libri duo folgendermaßen: Draco bipes ateros captus in agro Bononiensis (dt.: Zweibeiniger, böser Drache, in Bologna gefangen).
Beschreibung[]
Gefunden wurde das Tier 1572 von einem Bauern in der Nähe der italienischen Stadt Bologna, als es seine Ochsen anfauchte, woraufhin diese erschraken und sich weigerten, weiterzugehen, bis der Bauer das Tier mit einem Stock erschlug[1].
Der Drache war zwei Cubits (87,4 cm[2]) lang, mit einem zwei Finger (4,37 cm[2]) breiten Hals. Die Augen waren golden, und er hatte keine Giftzähne. Die Schuppen am Kopf und Schwanz erinnern an Vipern, am Körper hingegen an einen Karpfen. Der Schwanz könnte als Waffe ähnlich einem Skorpion verwendet werden[1].
Aldrovandi beschrieb den Drachen als Jungtier, da ihm noch keine Krallen gewachsen seien[1]. Dies macht jedoch keinen Sinn, da Aldrovandi gewusst haben müsste, dass Tiere mit Krallen mit diesen geboren werden[2].
Erklärungsversuche[]
Bereits Aldrovandi selbst dürfte gewusst haben, dass es sich um eine Fälschung handeln könnte, ähnlich dem von ihm beschriebenen Draco alter ex Raia exsiccata concinnatus. So identifizierte er z.B. in seiner Beschreibung korrekt die unterschiedlichen Schuppen von Schlangen und Fischen und machte einige absurde Beschreibungen über das Tier, die dem Wissen seiner Zeit über Tiere widersprachen[2]. Dennoch beschrieb er das Exemplar als reales Tier und nahm es in sein Naturalienkabinett auf, da er wusste, dass er Besucher anlocken würde[3]. Auch Athanasius Kircher erwähnt den Drachen in seiner Mundus subterraneus, sieht ihn jedoch nicht als Fälschung an sondern als Beweis für die Existenz von Drachen[4].
Der Kreationist James Edward Gilmer vermutete in seinem Buch 100 Year Cover-Up Revealed: We Lived With Dinosaurs!, dass es sich bei dem Drachen um das ausgestorbene archosauromorophe Reptil Tanystropheus handelt und sieht dies als Beweis an, dass die Tiere gleichzeitig mit Menschen lebten[5]. Abgesehen von dem langen Hals gibt es jedoch kaum Gemeinsamkeiten zwischen dem Draco bipes und Tanystropheus.
Eine umfassende Analyse von Aldrovandis Abbildungen lieferten Senter, Hill und Moton. Laut ihnen stammen Kopf und Schwanz von einer Schlange, vermutlich einer Ringelnatter. Beim Körper vermuten sie einen Fisch, möglicherweise ein Flussbarsch oder Karpfen, der die von Aldrovandi beschriebenen grünen Schuppen hat. Die Beine könnten von einer Erdkröte stammen[2].
Vermutlich hatte die Fälschung einen politischen Hintergrund. Am 13. Mai 1572, dem Tag als die Fälschung auftauchte, wurde Papst Gregor XIII. nach einer weniger als 24 Stunden dauernden Konklave gewählt. Vermutlich versuchte ein politischer Gegner des neuen Papstes, ihn damit zu diskreditieren, dass ein Drache, also ein Symbol des Teufels, am Tag seiner Wahl in seiner Heimatstadt auftauchte. Dies würde verstärkt damit, dass der neue Papst aus der Boncompagni-Adelsfamilie stammte, deren Wappen einen geflügelten Drachen zeigt[3].
Für Aldrovandi, der ein Cousin des neuen Papstes war, war die Situation schwierig. Wenn er die Fälschung öffentlich als solche bezeichnet hätte, hätte er damit den Zorn von Gregors Gegnern auf sich ziehen können. Hätte er sie hingegen als echt bezeichnet, könnte dies dem Image des neuen Papstes schaden. Stattdessen beschrieb er das Exemplar sachlich als Laune der Natur, ohne darüber zu werten oder es als göttliches Zeichen darzustellen[3], und inkludierte die oben erwähnten absurden Beschreibungen, um anderen Naturwissenschaftlern Hinweise auf seine wahre Meinung zu geben[2]. Tatsächlich scheint der Drache Aldrovandis Anlass gewesen zu sein, Serpentum, et draconum historiae libri duo zu schreiben[3].
Papst Gregor XIII. hingegen schien aus dem Vorkommnis sogar Nutzen zu ziehen. Er machte den Drachen zum Teil seines Papstwappens, und Filippo Sega, ein Bischof und Verbündeter des Papstes, sah das von Aldrovandi beschriebene Exemplar sogar als göttliches Zeichen zu Gunsten des neuen Papstes an[6].
Quellen[]
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Ulisse Aldrovandi (1640), Serpentum, et draconum historiae libri duo Bartholomaeus Ambrosinus
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Philip J. Senter, LaRhonda C. Hill, Brandon J. Moton (2013), Solution to a 440-year-old Zoological Mystery: The Case of Aldrovandi's Dragon, Annals of Science, https://doi.org/10.1080/00033790.2013.785729
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 Paula Findlen (1994), Possessing Nature: Museum, Collecting, and Scientific Culture in Early Modern Italy, University of California Press (1996), ISBN 978-0520205086
- ↑ Athanasius Kircher (1665), Mundus subterraneus, quo universae denique naturae divitiae
- ↑ James Edward Gilmer (2011), 100 Year Cover-Up Revealed: We Lived With Dinosaurs!, Authorhouse, ISBN 978-1463416829
- ↑ Marco Ruffini (2009), A Dragon for the Pope: Politics and Emblematics at the court of Gregory XIII, Memoirs of the American Academy in Rome, University of Michigan Press, https://www.jstor.org/stable/25750536